Vierter Tag unserer Reise. Gleich morgens nach dem Aufstehen sind wir heute auf Bustour zu den Reisterrassen in Longsheng aufgebrochen. Diesmal eine gebuchte Tour. Unser Hotel hat im Foyer eine Art kleines Reisebüro (ein Tisch und zwei Stühle), in dem man die Möglichkeit hat, die verschiedensten Ausflüge in die Umgebung zu planen. So, wie ich das verstanden habe, kann man in China auch nicht einfach so ein Auto ohne Fahrer mieten, es sei denn, man ist Besitzer eines chinesischen Führerscheins.

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2009-03-24 GuiLin - Longsheng ReisterassenEine Seefahrt die ist lustig – eine Busfahrt aber auch. Auf den chinesischen Reisebustouren gibt es allerhand zu erleben. So wäre da z.B. der Tourguide, in unserem Fall April (wohl ein Künstlername, die Guides haben alle amerikanische Vornamen). April hat fast auf der ganzen Hintour geredet. Wie ein Wasserfall, mit einem tollen Hall auf dem Mikro, klang wie im Olympiastadion. Viel Text auf chinesisch, es müssen ganze Bücher gewesen sein. Da wir und zwei weitere Aliens an Board waren, gab es aber auch englische Erklärungen. Wunderbar, wie in der Vorschule. Mit Fragen, die es zu beantworten galt. Traumhaft auch, wie April zwischendurch für uns immer mal wieder chinesische Lieder vorgesungen hat. Wie eine Lerche.

2009-03-24 GuiLin - Longsheng ReisterassenSo eine Busfahrt kommt auch immer einer Art Kaffeefahrt gleich, da verschiedene Shoppinggelegenheiten angelaufen werden, an denen die Guides scheinbar mitverdienen. Erster Halt war eine Tankstelle. Da wir bis dahin noch kein Frühstück hatten, waren wir froh, als der Tourbus nach ca. einer Stunde Fahrt dort angehalten hat. Einheimische verkaufen hier Obst und Gemüse. Wir haben Bananen und Äpfel probiert. Die Bananen sehen zwar nicht so gemalt aus, wie bei uns im Supermakt, schmeckten aber sehr lecker. Die Äpfel weniger. Und was dazu? Kaffee in China? Nicht im Teeland. Hier frühstückt auch keiner Brötchen, alle essen Nudelsuppe mit Ei. Bei uns gab’s lecker Tankstellenkekse mit Red Bull.Nach der Weiterfahrt ging es noch ein kleines Stück und dann waren wir in Long Pu Zhuang Village, einem alten Dorf, welches für seine Langhaarfrauen bekannt ist. Wenn ich April richtig verstanden habe, so hält eine von denen den Weltrekord im "lange Haare haben".

2009-03-24 GuiLin - Longsheng ReisterassenErst seit 1997 gibt es die Möglichkeit, als Tourist dieses Dorf zu besuchen und bis in die letzte Ecke zu erkunden. Irgendwie hat man dort scheinbar gemerkt, dass Tourismus wesentlich mehr einbringt als klassische Feldarbeit. Hier wird plötzlich ein Haus nach dem anderen gebaut. Wenn das so weitergeht, ist es in 10 Jahren kein altes Dorf mehr, sondern eine kleine Stadt mit drei alten Häusern, spätestens dann müssen die Bewohner wohl wieder auf Feldarbeit umsteigen. Eigentlich schade.April hat uns eingangs eine kleine Geschichte zu dem Dorf erzählt. Genaugenommen zu den dort lebenden Frauen. Die ging ungefähr so: Die Frauen brauchen große Füße, eine laute Stimme und einen großen Po. Wofür brauchen die Frauen die großen Füße? Na? Na … weiß es keiner? Na, damit sie die Berge besser hochklettern können. Und wozu benötigen die Frauen die laute Stimme??? Na? Na… wer weiß es? Keiner? Damit die Frauen ihre auf den Feldern arbeitenden Männer besser zum Mittag rufen können. Und wozu sollen die Frauen einen großen Po haben? …. Weil dies ein gebärfreudiges Becken symbolisiert. In Long Pu Zhuang gibt es außerdem einen sehr speziellen Brauch. Wenn ein Mann eine Frau mag, so kneift er dieser kräftig in den Hintern. Wenn der Mann die Frau dann heiraten möchte, haut er ihr mit der ganzen Hand auf den Po.Diese Geschichte und Tradition wurde im Dorf dann von den einheimischen Mädchen in einer kleinen Show nachgespielt. Ferner gab es einige traditionelle Tänze und Gesänge zu sehen. Dazu gab’s noch Kostproben einiger ortstypischer Speisen. Schließlich kamen die berühmten Langhaarfrauen auf die Bühne und zeigten uns und den vor Freude ausflippenden Japanern ihre bis dahin verdeckte Mähne und ihre ganz besondere Hochstecktechnik ohne Spangen, Klammern und sonstigen Schnickschnack. Toll.Am Ende der Show sollte man unbedingt als einer der Ersten den Saal verlassen und dann die Gesichter der anderen besucher genießen. Ist wirklich der beste Teil der ganzen Show. Mehr verraten wir nicht. 🙂

2009-03-24 GuiLin - Longsheng ReisterassenLecker. Wo? Schon auf den Reisterrassen.Nach der Show mussten wir nur noch wenige Kilometer fahren, um die Reisterrassen zu erreichen. Da man dort ein wenig klettern muss, gab es nach dem Aufstieg einen Restaurantbesuch der besonderen Art. Auf den Tisch kamen im Bambusrohr gegartes Hühnchen, dazu leckeren Reis. Wenn ihr keinen Bock auf Stäbchen habt, dann müsst ihr spätestens hier in den sauren Apfel beißen oder eigenes Besteck dabei haben. Von dem Restaurant gibts im besten Fall noch einen Suppenlöffel. Auf jeden Fall kann man hier richtig gut essen.Wenn man sein Essen schnell wieder abtrainieren möchte – kein Problem, denn es gibt noch ein paar Stufen bis zu den schönsten Aussichten.

2009-03-24 GuiLin - Longsheng ReisterassenAus unserer Eintrittskarte: Die Reisterrassen befinden sich in bis zu 1916 Meter Höhe und umfassen 70,1 Quadratkilometer. Es gibt einige kleine Dörfer, die man durch verschiedene Wandertouren erreichen kann. Die Terassen wurden vermutlich im 13. Jahrhundert während der Yuan-Dynastie errichtet. Das Angesicht der Terassen ändert sich mit den Jahreszeiten. Im Frühjahr, mit Wasser gefüllt, sehen die Terassen aus wie silberne Schleifenbänder, die den Himmel reflektieren. Im Sommer weht eine leichte Brise durch die grünen Reispflänzchen. Der Herbst ist die Jahreszeit, in der die Berge golden leuchten. Der Schnee des Winters macht aus den Terrassendörfern ein einzigartiges Märchenland. Halleluja. 🙂

2009-03-24 GuiLin - Longsheng ReisterassenDer Name der von uns besuchten Terrasse lautete "Seven Stars with the Moon". Hierbei handelt es sich um die wohl am einfachsten zu erreichende und daher meistbesuchte Terrasse. Wer mehr Zeit hat, kann auch vor Ort einige Hotels finden. Die tiefhängenden Wolken am Morgen und einige vom Tourismus fast unberührte Orte versprechen eine einzigartige Zeit. Der Weg besteht aus zahlreichen Stufen. Nichts für fahrstuhlverwöhnte Großstädter. Ihr seid mit euren Rollkoffern auf die armen Träger angwiesen, die sich selbst dann noch freuen, wenn sie ein fette Japanerin auf 1900 Meter schleppen dürfen.

2009-03-24 GuiLin - Longsheng ReisterassenWenn Touristen kommen, kann man etwas verkaufen. Das wissen auch die meisten Bewohner der kleinen Dörfer. Viele ältere Frauen mit Postkarten, Deckchen und anderen typischen Andenken stehen an jeder erdenklichen Stelle. Aufdringlichkeit aushaltbar. Auch Essen gibt es genug. Das kleine weiße Pferd hat kein Problem damit, vollbeladen die Berge zu erklimmen. Einige Anwohner halten auch Schweine und Hühner. Die gibts dann, wie gesagt, später im Bambusrohr.

2009-03-24 GuiLin - Longsheng ReisterassenWenn man von oben auf Ping’An Village sieht, wirkt alles noch sehr idyllisch, aber an allen Ecken wird gebaut und gebastelt. Es entstehen neue Hotels und Restaurants. Weniger wird’s sicher nicht mehr, also beeilt Euch, wenn Ihr Longsheng noch vorher erleben wollt. Schön ist es dort auf jeden Fall.

2009-03-24 GuiLin - Longsheng ReisterassenDie Einheimischen, die nicht schon jetzt im Bereich des Tourismus tätig sind, kann man bei ihrer alltäglichen Arbeit beobachten. Man sieht den Bauern auf den Reisfeldern, die Handwerker beim Hausbauen und an allen Orten tragen Frauen diverse Lasten die Berge hinauf oder hinunter.

2009-03-24 GuiLin - Longsheng ReisterassenDie gesamte Rückfahrt lief etwas ruhiger, aber April hatte uns bereits eine weitere Überraschung versprochen. "Keine Angst, ihr müsst nichts zahlen." Nach ca. 3h Stunden Busfahrt waren wir wieder in Guilin, um dort Dr. Tea zu besuchen. Dr. Tea weiß genau, wie er all Eure leiden heilt, heißt es zumindest auf den Zettel dieser überraschenden Verkaufsveranstaltung, in der uns zunächst die Teezeremonie in China erklärt wurde – leider auf chinesisch, so dass uns bis heute die Geheimnisse der landestypischen Teezubereitung verschlossen bleiben. Im Anschluss gab es einige Proben der verschiedensten Tees. Ob für eine bessere verdauung oder gegen Depressionen – alles war dabei. Wir haben nichts gekauft, da uns die US Zöllner ohnehin wohl alles abnehmen würden.

Fazit: Die Reise zu den Longsheng Reisterrassen lohnt sich in jedem Fall. Die Show der Langhaarfrauen ist Geschmackssache, der kulturelle Hintergrund aber ganz spannend. Sofern Ihr Euren Guide gut versteht, könnt Ihr natürlich bei allen Sachen, auf die Ihr keine Lust habt, Nein sagen.Wir haben jetzt ein wenig Sonnenbrand, denn mit dem Wetter haben wir bisher wirklich Glück. Bis zum Mittag ist es hier in den Bergen zwar immer ein wenig diesig. Danach ist die Wolkendecke aber immer aufgerissen.

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