Claudia Zweifel (*1981) legt sich auf kein Medium fest. Ihr bisheriges Werk durchwandert unterschiedliche Träger wie das Tafelbild, die Zeichnung, Keramik, Installation, Video und Film. »Die unterschiedlichen Arbeitsphasen in Claudia Zweifels Werk scheinen ähnlich wie einzelne Kapitel aus einem oder verschiedenen Romanen zu stammen, aber alle von ein und derselben Person. Die verschiedenen Arbeits- oder Werkphasen entstehen jeweils in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum. Autorenfilm, realistische Figurenmalerei, digitale Malerei, Appropriationszeichnungen, Stereogramme, Modellskulpturen fallen mir auf Anhieb ein« beschreibt Künstler Gunter Reski und ist nach eigenen Angaben »schon angenehm verwirrt«.

Auf die Frage, ob und wie die eigenen Schaffensphasen miteinander in Verbindung stehen, antwortet Zweifel sinngemäß: Es sei doch mehr als offensichtlich, wie und dass das alles zusammenhängt. Mehr werde nicht verraten.

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Im Werk Zweifels lässt sich, neben einem formalen Interesse an den spezifischen Medieneigenschaften, eine Konzentration auf »Bezüge« beobachten. Zweifel verfremdet, verstärkt und betont vorgefundenes visuelles Material – ein Verfahren der permanenten Wandlung und Aktualisierung. Zur Verdeutlichung bezieht die Künstlerin sich auf das Klangphänomen des Echos, das einen Raum erzeugt, in dem die Wiederholung als Narrativ eingesetzt wird. »Claudia Zweifels Bildaneignungen antworten ihrem jeweiligen Ausgangsmaterial wie ein Echo und stellen dabei im Besonderen die Beziehungen, die sich zwischen Bedeutungsträgern und ihren (kontextuellen) Deutungen herstellen, in den Vordergrund«, so Autorin Lina Launhardt.

Betrachtet man frühe Arbeiten aus den Jahren 2002 bis 2005, so vollziehen sich Zweifels diskursive Erkundungen während dieser Jahre Modus des Echos vor allem im Rahmen des Tafelbildes. Bildmaterial, zum Beispiel entliehen von Werbeträgern für Mieterschutz und Altersvorsorge, diente ihr als Vorlage, um sichtbar zu machen, welche Überschneidungen diese mit klassischen Bildräumen der Malerei eingehen, aber auch, welche eigentlichen Rollenspiele und Identitätskonstruktionen ihre Bildvorlagen in die Öffentlichkeit tragen.

So dient Ohne Titel (Familie), 2005 etwa das Cover eines Magazins für Mieterschutz zur Vorlage, das Zweifel lediglich im Format beschnitten, ansonsten wie im Kopierverfahren eins zu eins auf die Leinwand überführt hat. Die Spuren, die dieses Echo erzeugt, generieren sich nahezu ausschließlich aus dem Transfer der Bildvorlage in das Medium der Malerei und etablieren einen Dialog zwischen den formalen und inszenatorischen Effekten des adaptierten Covers und der Tradition des Tafelbildes.


In ihren Ausstellungen erweitert Zweifel das Spiel mit visuellen Echos um eine räumliche Komponente. Ihre meist installativen Hängungen stellen den Zwischenraum der Bilder in den Vordergrund und damit die Möglichkeit, über ein Nebeneinander neue Deutungen und Bedeutungen zu erzeugen.

So kombinierte die Künstlerin 2006 im Kunstmuseum Luzern ihr »Familienporträt« mit fünf weiteren Bildern, die ebenfalls unter anderem Werbefotografien zur Vorlage haben. Direkt neben dem »Familienporträt« war eine großformatige Leinwand platziert, für die Zweifel eine Horrorfilmszene als Vorlage diente. Die malerische Adaption der Protagonistin aus einer Schlüsselszene von The Ring, 2002 blendete eine phantastische Szenerie des Grauens in die idyllisch-skurrile Bilderkette der übrigen Werke ein. Damit fungierte das Gemälde wie eine Fehlstelle im Ganzen und intensivierte zugleich die Groteske der anderen Bilder.

Für ihre Serie Air du Temps, 2012 wiederholt Zweifel die verschlungenen Ornamente der Carrés der klassischen Seidentücher von Hermès. Eine Abweichung vom aufgenommenen Trägermaterial wird über die Farbgebung geschaffen: An die Stelle der leuchtenden Farbenvielfalt der Carrés setzt die Künstlerin eine Schwarzweißwiedergabe, was den Retrocharakter der farbigen Stoffe unterstreicht, statt ihn zu unterbinden. Zugleich arbeitet Zweifel in diese Zeichnungen Aussparungen ein: Die wiederholten Muster lösen sich stellenweise in ein Nichts auf – wie bei einer überbelichteten Fotografie oder auch einem ausgeblichenen Stoff. Eine Zeichnung, die ihr eigenes Verschwinden ins Spiel bringt, spielt mit Vergänglichkeiten des Mediums und erzeugt eine Art tiefergelegten Spannungsmoment.