Musikaufnahmen digital nachbearbeiten kann man ja schon länger. Die Qualität und die Möglichkeiten der Bearbeitung nehmen hier ständig zu. Heute bin ich auf "Direct Note Access" von Peter Neubäcker gestoßen. Ich muss sagen, bei dem auf der Melodyne Webseite befindlichen Video hat es mir glatt die Sprache verschlagen.

Innerhalb von Audiomaterial konnte man bisher nur ganze Passagen und Akkorde in Tonhöhe und Timing bearbeiten. Mit Direct Note Access ist es nun möglich, mehrstimmige Audiofiles in seine Bestandteile zu zerpflücken und dann jede einzelne Note entsprechend anzupassen. So ist aus einem Durakkord mal eben ganz schnell ein Mollakkord gemacht.

Eine solche Flexibilität kannte man bis dato schon von Midi. Bei Audioaufnahmen konnte man bisher zwar einstimmige Instrumente bearbeiten (bspw. Saxophone, Flöte, aber auch Gesang), mehrstimmige Partien, wie zum Beispiel Gitarrenakkorde, konnten jedoch nicht derart aufgefächert werden. Eine Bearbeitungsvielfalt, wie jetzt in Melodyne’s Direct Note Access zur Verfügung gestellt wird, war für mich bisher nicht vorstellbar.

Das Programm bzw. Plugin arbeitet schön einfach mit Drag and Drop. Die Darstellung der Noten erfolgt hierbei entweder in sogenannten Blobs oder in Notation. Es gibt eine Achse für die Tonhöhe und eine für die Zeit. Alles sehr übersichtlich. Ein bisschen hier gezogen ein wenig dort geschoben und fertig ist ein völlig neuer Song. Alles ausgehend vom selben Audiomaterial. Ist Deine Gitarre schlecht gestimmt oder nicht mehr bundrein? Egal! Kann man ja hinterher wieder gerade biegen! Hat bei einer Aufnahme das Telefon geklingelt? Wurscht! Einfach stumm schalten.

Mit Copy und Paste kann man dann aus einer ein Mann Show mal schnell die Gypsy Kings zaubern. Keinen Chor zu Hause? Egal, wir bauen uns einen!

Direct Note Access kann man mit DNA abkürzen und das trifft es wohl auch ganz gut. Die Tiefe der Eingriffe gleicht einem Eingriff in die DNA des Audiomaterials. Die zerlegten Töne lassen sich dann auch bequem mittels Midi Keyboard abspielen. Die Tonhöhe ect. wird dabei automatisch angepasst.

Vorstellen kann man sich die Möglichkeiten am ehesten im Vergleich mit der digitalen Bildbearbeitung. Im Netz kursieren ja ausreichend Vorher/Nachher Bilder, die auf beeindruckende Weise zeigen, wie man aus alt jung und aus hässlich schön macht. Ähnlich flexibel zeigt sich jetzt also die Nachbearbeitung von Audio.

Wer macht als Erster aus Eminems "The Real Slim Shady" den Schwanensee von Tschaikowsky? Ja, ich sehe schon die ersten Wettbewerbe.

Jetzt darf man sich natürlich fragen : "Hört sich Musik bald an wie Fernsehzeitschriftencover schon längst aussehen?" Überperfekt und gleichmäßig stupide? Um diese Frage zu beantworten, muss man wohl noch einige Zeit abwarten.

Grenzen gibt es natürlich auch bei Direct Note Access. Es ist beispielsweise nicht möglich, gemischte Signale aus einer Spur getrennt zu bearbeiten. Die Software analysiert den zeitlichen und harmonischen Zusammenhang. Fallen nun Klavier und Gitarre mit der gleichen Note in die gleiche Zeit, so stecken beide in einem Blob fest. Je komplexer ein Song ist, desto häufiger tauchen diese Probleme dann auf. Optimal kann Direct Note Access also immer dann arbeiten, wenn einzelne Instrumentenspuren verwendet werden.

Jedenfalls müssen Musiker sich bei Aufnahmen nunmehr weder die Finger wund spielen noch die Stimme heiser singen. Wenn ein Fehler passiert wird kurz gelächelt und einfach weitergemacht. Hinterher das Ganze durch die Melodyne Waschmaschine gejagt und fertig ist die perfekte Aufnahme.

Klingt alles zu gut, um war zu sein? Wir dürfen gespannt sein! Das Release ist für den Herbst 2008 geplant.

Die Vollversion des Melodyne Direct Note Access Plugins 2 kostet dann laut Hersteller 349 Euro (399 US$). Update- und Upgrade- Varianten werden aber ebenso angeboten. Dazu benötigt man noch ein entsprechendes Musikprogramm. Kein Pappenstiel für den ambitionierten Hobbymusiker. Schade! Dabei könnte es doch so viel Spaß machen.

Jetzt aber mal schnell das Video ansehen:

http://www.celemony.com

Hammer!