Der österreichische Maler des Expressionismus Egon Schiele, mit vollem Namen Egon Leo Adolf Ludwig Schiele, gehörte innerhalb der Wiener Moderne zu den herausragenden Künstlern.

Als Wiener Moderne wird das kulturelle Leben und Schaffen in der österreichischen Bundeshauptstadt in den drei Jahrzehnten ab 1890 bis etwa zu Ende des ersten Weltkrieges bezeichnet.

Weitere prägende Künstler dieser Zeit waren die beiden österreichischen Maler Gustav Klimt und Oskar Kokoschka.

Schiele wurde im Juni 1890 in der niederösterreichischen Kreishauptstadt Tuln an der Donau geboren. Als Folge einer Erkrankung an der Spanischen Grippe, die als Pandemie Ende der 1910er-Jahre landesweit viele Todesopfer forderte, verstarb Schiele im Alter von 28 Jahren im Oktober 1918 im Haus seiner Schwiegereltern im 13. Wiener Gemeindebezirk Hietzing.

Egon Schiele. Sämtliche Gemälde 1909-1918 - Partnerlink

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Dank seiner außergewöhnlichen künstlerischen Begabung wurde er bereits mit 16 Jahren in die Wiener Akademie der bildenden Künste aufgenommen. Sein dortiger Lehrer und Förderer war der deutsch-österreichische Maler, Professor Christian Griepenkerl. Im Jahre 1907 eröffnete Schiele sein erstes eigenes Atelier im zweiten Gemeindebezirk Leopoldstadt und nahm erstmals Kontakt zu Gustav Klimt auf.

Im Sommer 1909 gründete Schiele, zusammen mit mehreren künstlerischen Kommilitonen, die Neukunstgruppe. Losgelöst von den Lehren der Wiener Akademie entwickelten die Künstler der Neukunstgruppe einen ganz neuen österreichischen Farbexpressionismus. Egon Schiele wurde von den insgesamt 15 Gründungsmitgliedern zum Präsidenten gewählt. Zwei Jahre später wurde Oskar Kokoschka als Mitglied aufgenommen. Wenige Monate danach fand eine erste Ausstellung der Neukunstgruppe in der Wiener Galerie Pisko statt.

Egon Schiele. Sämtliche Gemälde 1909-1918

© Leopold Museum, Vienna / S. 246/247 Selbstbildnis mit Lampionblume, 1912 Wien, Leopold Museum

Die folgenden Jahre verliefen überaus abwechslungsreich und gelten als die eigentliche Schaffenszeit von Schiele. Sein Modell Wally Neuzil aus Tattendorf in Niederösterreich wurde seine Lebensgefährtin. Er verließ Österreich für mehrere Jahre und kehrte 1912 nach Wien zurück. Mittlerweile war Gustav Klimt zu seinem väterlichen Freund und Gönner geworden.

Der Ruf von Schiele war durch mehrere Ereignisse im künstlerischen sowie im privaten Bereich arg ramponiert. Mithilfe von Klimt wurde Schiele im Jahr 1913 in den Bund Österreichischer Künstler als Mitglied aufgenommen. Damit begann die buchstäblich durchschlagende Erfolgs- und Schaffenszeit von Schiele. In den nächsten zwei, drei Jahren folgten Ausstellungen in Österreich und in Deutschland. In Zeitschriften wie Die Fackel oder Die Aktion wurden literarische Texte von Schiele veröffentlicht. Er diente nicht im ersten Weltkrieg, sondern wurde im April 1918 bis Kriegsende zum Heeresgeschichtlichen Museum in Wien abkommandiert. Dort organisierte er Ausstellungen mit Kriegsbildern und konnte im Übrigen seiner Malkunst nachgehen.

Nach dem Tod von Klimt im Frühjahr 1918 gewann Schiele deutlich an Einfluss innerhalb der Wiener Kunstszene. Höhepunkt war die 49. Ausstellung der Wiener Secession mit anderthalb Dutzend großen Gemälden sowie mit rund 30 Zeichnungen, die ihm persönlich gewidmet war. Ein halbes Jahr später erkrankte Schiele unheilbar und verstarb. Beigesetzt wurde er neben seiner Ehefrau, die drei Tage vor ihm ebenfalls an der Spanischen Grippe verstorben war.

Egon Schiele. Sämtliche Gemälde 1909-1918

S. 109 Liegender Akt mit violetten Strümpfen, 1910 / Privatbesitz, mit freundlicher Genehmigung Richard Nagy Ltd., London

Das Wiener Leopold Museum präsentiert mit mehr als 40 Gemälden sowie mit knapp 200 Arbeiten und Zeichnungen auf Papier die weltweit größte und auch bedeutendste Schiele-Sammlung. Die chronologische Hängung der Werke in einem Stockwerk zeigt lückenlos den künstlerischen Werdegang von Schiele. Den Gemälden sind zur Erklärung und zur Veranschaulichung umfängliche biografische Informationen nebst Zitaten gegenübergestellt.

Sämtliche Gemälde von 1909 bis 1918 sind, neben vielzähligen anderen Abbildungen, im gerade beim TASCHEN Verlag erschienenen Buch "Buch: Egon Schiele. Sämtliche Gemälde 1909-1918" zu finden. Auf 612 riesigen Seiten wird dem interessierten Leser das Werk des bedeutenden Künstlers näher gebracht. Wie beim TASCHEN Verlag üblich, ist auch das Buch selbst ein Kunstwerk. Allein die Ausmaße sind schon bemerkenswert.

Titelbild: © Leopold Museum, Vienna / S. 344 Liebesakt, 1915 Wien, Leopold Museum