Kunst hat seit der Antike eine besondere Bedeutung für die menschliche Gesellschaft. Im Laufe der Jahrhunderte hat sie sich als ein wirksames Mittel erwiesen, um auf Missstände in Politik, Wirtschaft und Kultur aufmerksam zu machen. Die rasche Entwicklung von Technologien in den letzten Jahrzehnten hat es Künstlerinnen und Künstlern ermöglicht, ihre Stimme durch neue Wege kreativer Expression lauter als je zuvor zu erheben. Durch die Auseinandersetzung mit Kunst können wir uns nicht nur mit Problemen unserer Zeit auseinandersetzen, sondern auch unser historisches Bewusstsein schärfen. "Nation, Narration, Narcosis | Collecting Entanglements and Embodied" beleuchtet das Verhältnis von Kunst zu politischen Protesten, historischen Traumata und gesellschaftlichen Narrativen vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart.

Im 19. Jahrhundert war es vor allem romantische Maler wie Eugène Delacroix oder Francisco de Goya, welche Kunst als Ersatz für politische Aktion nutzten um ihren Unmut über die existierenden Regime kundzutun – ob im französischem Kontext (Delacroix' „Freiheit führt das Volk an“) oder im spanisch-portugiesisch (Goyas „Dritter Mai 1808”). Doch auch international trugen zeitgenössische Künstler dazu bei, den Bürgerinnen und Bürgern eine andere Perspektive nahezulegen – etwa John Martin mit seiner Darstellung menschlicher Schreckensherrschaften oder Gustave Courbet mit seiner Betonung realistischer Motive statt idealisierender Landschaftsbilder. Dieser Fokus auf den Realismus bildete den Grundstein für weiterführende Entwicklung neuer stilistischer Richtlinien – insbesondere in Bezug auf sozialkritische Themen – , welcher uns noch heute begleitet.

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Die Entwicklung des Nationalstaates sowie damit verbundene nationalistische Tendenzen hatten tiefgreifende Auswirkungen auf das Verhältnis von Kunstschaffendem zur Politik im 19. Und 20.Jahrunderts. So spielte etwa der „German Romanticism“ eine bedeutende Rolle bei der Nationalisierung europaweiter politischer Prozesse.

Auch der Kolonialismus hatte einen starken Einfluss die Entwicklung von Kunst und gesellschaftlichen Narrativen im 19. Jahrhundert. Die kolonialistische Herrschaft führte zur Unterdrückung vieler Kulturen, Länder und Völker auf der ganzen Welt. In vielen Fällen bedeutete dies den Verlust traditioneller kultureller Identitäten oder gar deren Zerstörung durch die kolonialistische Macht. Nichtsdestotrotz existiert jedoch noch immer eine starke Beziehung zwischen Kunst und den Erfahrungen des Kolonialismus – so findet man beispielsweise in post-kolonialer afrikanischer bildender Kunst sowie in Literatur häufig Elemente, welche an die schmerzhafte Geschichte des Kolonialismus erinnern.

Die Nationenbildung im 19. Jahrhundert hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf die Kunstproduktion, da sie eine neue Form der Identitätsbildung und des kulturellen Ausdrucks ermöglichte. Künstler nutzten die Möglichkeit, ihre Nation durch Symbole und Motive zu repräsentieren und betonten so den Zusammenhalt innerhalb ihrer Gemeinschaft. Auch heute noch spielt die Nationalität von Künstlern eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Kunstwerken, wobei vor allem abstrakte Werke als Zeichen des Protests gegen autoritäre Regime eingesetzt werden.

Auch das Anthropozän, das Zeitalter, in dem der Mensch den Planeten Erde und seine Ökosysteme verändert, ist eine Inspirationsquelle für Künstler. Die Auswirkungen des Anthropozäns werden vor allem im Kontext von Einwanderungsgesetzen, Umweltverschmutzung und globalem Wettbewerb sichtbar. Diese Themen wurden in Kunstwerken aufgegriffen, um Menschen zu ermutigen, die Auswirkungen des Anthropozäns zu reflektieren und zu diskutieren.

Joseph Beuys ist einer der bekanntesten Vertreter des Konzepts einer sozialen Plastik. Seine Werke betonen die Notwendigkeit eines neuen Verhältnisses zur Gesellschaft sowie die Rolle der Kunst als dynamisches Medium für politische Proteste. Beuy’s Idee ist es, Kunst als Mittel zur Schaffung sozialer Verbindlichkeit und gegenseitiger Unterstützung zu nutzen.

Viele Künstler sind diesem Ansatz gefolgt und haben alternative Konzepte entwickelt, die auf Solidarität, Individualität und anderen Formen der Verbundenheit basiert sind. So gibt es zum Beispiel die Idee eines „kollektiven Protests“, bei dem Künstler aus verschiedenen Ländern gemeinsam an der Schaffung von Kunstwerken arbeiten, um eine politische Botschaft zu vermitteln. Dieses Konzept wurde in den letzten Jahren immer häufiger verwendet und ist ein Beispiel für die innovative Kraft der Kunst als Mittel des politischen Protests.

Der Katalog "Nation, Narration, Narcosis | Collecting Entanglements and Embodied" erscheint zur gleichnamigen Sonderausstellung, die 2022 im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin stattfand und erscheint beim Kerber Verlag.

  • Kompaktinfo
  • Nation, Narration, Narcosis | Collecting Entanglements and Embodied

  • Verlag: Kerber Verlag
  • ISBN-10: 3735608353
  • ISBN-13: 978-3735608352
  • Fazit

    Kunst ist eine mächtige Stimme der Proteste, der Erinnerung und der (Neu-)Erfindung von Geschichte. Durch sie können Künstler ihre Meinung ausdrücken, Ereignisse in Frage stellen und uns helfen, Vergangenes zu verstehen. Es ist daher wichtig zu untersuchen, wie Kunst als Mittel des Ausdrucks für politische Proteste, historische Traumata und die Subjektivierung gesellschaftlicher Narrative genutzt wird.
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