Liz Bachhubers (*1953) Kunst ist das »Verweben«: Ihre Werke stiften Beziehungen und handeln von Beziehungen – zwischen Dingen und anderen Dingen, zwischen Dingen und Menschen sowie zwischen Menschen und anderen Menschen.

Bachhubers Kunst poetisiert die Wirklichkeit, kritisiert aber gleichzeitig bestehende Zustände. Sie lockert alltägliche, festgeschriebene Verhältnisse und ersetzt diese durch vielschichtige und reichhaltigere Beziehungsebenen. Einmal in ein neues Geflecht eingewoben, werden die Dinge »als das wahrnehmbar, was sie eigentlich immer schon waren, ohne dass wir aber dessen gewahr geworden wären, und sie werden zugleich zu mehr, als sie bislang waren, weil sie jetzt in ihrer ebenso umfassenden wie grundsätzlichen Bezüglichkeit in Erscheinung treten«, so Michael Lüthy, Professor an der Bauhaus-Universität Weimar, in seinem begleitenden Essay zu Bachhubers neuer Monografie »School’s Out!«.

Liz Bachhuber: School's Out! - Partnerlink

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Dieser Titel steht übrigens sinnbildlich für das Ende Bachhubers jahrzehntelanger Lehrtätigkeit an der Bauhaus Universität und für ihre wiedergewonnene Freiheit. Die aufwendig gestaltete Publikation, die eine Ausstellung in der ACC Galerie Weimar begleitet, präsentiert unter anderem nie gezeigte künstlerische Positionen aus Bachhubers eigenen Studienzeiten in Wisconsin-Milwaukee, Düsseldorf und New York. Gemeinsam mit neuen, kontextbezogenen Werken stellen sich die Arbeiten einer Neuinterpretation und eröffnen zurück- und vorausblickend zusätzliche Zeit- und Bedeutungsebenen.

»School’s Out!« enthüllt Schaffensphasen-übergreifende Themenfelder, die Bachhubers Arbeiten seit Jahrzehnten begleiten: So etwa das permanente Interesse an ökologischen Kreisläufen und einem nachhaltigen eigenen Wirken als künstlerische Praxis sowie die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie.

So trägt eine Rikscha, Rickshow II, beispielsweise die zu Brennholz geschnittenen Teile zweier früherer Installationen auf ihrer Ladefläche. »Das Recycling – mit dem sich die Künstlerin in ökonomischer, ökologischer und kultureller Hinsicht in vielen Projekten und internationalen Kooperationen befasste, die vom Künstlerischen aufs Politische ausgreifen – wird in solchen Wiederaufnahmen älterer Arbeiten zu einem semantischen Upcycling, da es hier vorrangig nicht um das ressourcenschonende Wiederverwenden ausrangierter Dinge geht. Vielmehr gewinnt es eine existenzielle autobiografische Dimension, als Bewegung eines rückblickenden Voranschreitens und als Fortspinnen eines Fadens, der zur Textur eines Künstlerlebens verwoben wird«, so Lüthy.


Die Installation Philemon und Baucis IV (2019), zeigt ein Geäst, um das Krawattenstoff gelegt ist, und stellt dieses einem zerschlissenen Paar Lederschlittschuhe gegenüber, durch welche golden schimmernde Schnürsenkel gezogen wurden. Die dem Werk beigefügte Materialangabe informiert: »väterliche Krawatten und mütterliche Schnelllauf-Schlittschuhe«. Das »Doppelporträt« zeugt von einer Erinnerung davon, was die Tochter als signifikanten Zug der Eltern herausgreift. So werden die Schlittschuhe der Mutter und damit womöglich auch ihre Leidenschaft für den Eislauf-Sport an den Nagel gehängt. Die Schlittschuhe werden zur Insigne verweigerter Selbstbestimmung und kreieren in dieser Konstellation ein vielschichtiges »Bild«, das von verhinderten Träumen, gesellschaftlichen Konventionen, familiären Geschicken und mythischen Vorstellungen ehelicher Perfektion gleichermaßen zeugt. Die Journalistin und Kunstkritikerin Amine Haase sprach einmal davon, dass Bachhuber schon in ihrem Frühwerk begonnen habe, ihrer »Erinnerung eine Zukunft« zu geben.