»Sind Sie Fotograf?«
»Nein, ich bin Künstler.«
»Meinen Sie damit, Sie sind Fotokünstler?«
»Nein, ich bin Künstler.«

Nach diesem ersten Gespräch lies sich Prof. Johanna Liu, Department of East Asian Studies der University of Toronto genauer erklären wie und warum Andreas Walther (*1971) sich als Künstler verstand: »Ich bin Künstler, weil ich mittels digitaler Fotografie und Video an Bildern arbeite, die insbesondere auch im Bezug zur chinesischen Landschaftsmalerei stehen.« Walther versteht sich nicht wegen des sozialen Status‘ als Künstler, sondern aufgrund seines künstlerisch-poetischen Schaffens. Seine Arbeiten sind stets als »unbenannt« bezeichnet. Dies ist einerseits Reflexion auf die informative Funktion von Werktiteln, andererseits Verweis auf die poetische Erfahrung kreativer Arbeit – verstanden zum einen über den klassischen chinesischen Daoismus, zum anderen über zeitgenössische westliche Philosophie und postmoderne Ästhetik.

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Walthers Arbeiten sind zurückhaltend subtil: eine hügellose, baumlos weite Landschaft unter grauem Himmel, ein Birkenwald im Schnee, ein Reisfeld vor wolkenverhangenen Bergen, Unterholz mit weiß blühenden Sträuchern in dunklem Wald oder eine einfache Steinmauer. Die Szenerien sind mal nahsichtig, mal aus der Distanz gesehen und sie sind nicht zu orten. Sämtliche Details sind gleichwertig und ins Gleichgewicht gebracht, so dass das Auge gelassen auf der Bildfläche hin- und herwandern kann. Die Natur-Bilder Walthers strömen Stille aus. Jedoch beschreibt er nicht etwa die ewige, unendliche Ruhe, sondern den Moment des Innehaltens. Es ist, als sei die Zeit angehalten, der Bildraum atmosphärisch umhüllt und die Empfindung gesteigert. Walther begibt sich alleine in die Natur und nimmt wahr, was er empfindet. Dieser passive Prozess des Wahrnehmens, schreibt dem Künstler die Rolle des Zuschauers zu und wandelt sich erst im Laufe des Betrachtens in eine aktive Form der Aufmerksamkeit.

Für Walther ist deshalb der eigentliche Akt des Fotografierens vernachlässigbar. Das Foto ist nichts weiter als die optische, bildliche Notation einer inneren Stimmung. Da keine Erzählung dargeboten wird, ist auch keine Lesart vorgegeben: Ein ästhetische Auffassung, die weniger dem westlichen als dem ostasiatischen Kulturraum zuzuordnen ist. Es sei seit langem höchste Errungenschaft der östlichen Kunst, den Zustand des Nicht-Selbsts und des Nicht-Wissens zu erlangen, der auch Gegenstand der Zen-Meditation und philosophischer Abhandlungen sei, so Yuki Pan, Direktorin des Museum of Contemporary Arts in Taipai. Walthers Schaffensprozess wird anhand dieser intensiven Auseinandersetzung mit Ostasien erst nachvollziehbar.

Die reich bebilderte Publikation Vom Wandern im Offenen erscheint in Zusammenarbeit mit dem Künstler und dem Museum of Contemporary Arts auf Deutsch und Chinesisch.

  • Kompaktinfo
  • Vom Wandern im Offenen

  • Autor: Andreas Walther
  • Ausgabe: 1. Edition (1. Juli 2019)
  • Verlag: Kerber Verlag
  • ISBN-10: 3735606148
  • ISBN-13: 978-3735606143
  • Fazit

    Ausgehend von Medienkunst und Medientheorie ist es insbesondere die daoistische Kultur, die den Künstler zu einem ganz eigenen Umgang mit der digitalen Fotografie und seinen Videoarbeiten inspiriert.
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