Gefahren in sozialen Netzwerken

Manchmal hat man den Eindruck, dass jeder, der sich nicht ausgiebig auf sozialen Netzwerken tummelt, gerne mal als Hinterwäldler abgetan wird – die Zahl der Social Media Foren ist rasch gestiegen, auch ihre Macht, nicht zuletzt ihr Wirtschaftsfaktor – Facebook wird mittlerweile potenter als Google eingeschätzt.

Das Mitteilungsbedürfnis der Menschen scheint grenzenlos zu sein, Das Internet nimmt von manchen Artgenossen jede Scheu vor öffentlichem Outing – man postet was das Zeug hält über vermeintlich Nützliches und viel Nonsense, pflegt virtuelle Freundschaften mit einer Innigkeit, wie man es im wirklichen Leben schon lange nicht mehr tut und gibt von sich preis, was einem gerade einfällt. Vielen Menschen scheint dies eine scheinbar soziale Kommunikationskompetenz zu verleihen, zu der sie im realen Alltag kaum noch fähig wären oder dafür keine Zeit mehr finden. Aber das Internet ist auch ein Vielfraß – an Zeit nämlich, kostbarer Lebenszeit.

Wohlgemerkt: Das Web 2.0 bietet hervorragende Kommunikationschancen, die – wenn man sie seriös, sachbezogen und glaubwürdig nutzt – Ziele erreichen helfen. Das Web 2.0 ist ein Medium mit einer ausgeprägten Bewertungskultur.

Natürlich ist es von Vorteil, dass dank Social Media Nachrichten heute schneller an ihre Zielgruppen herangetragen werden können als es die klassischen Transmittermedien vermochten.

Jeder Empfänger/Teilnehmer ist automatisch auch Kommunikator. Aber auf diesen Übertragungswegen nimmt eine Nachricht nicht selten einen ganz anderen Charakter an den, der ihr innewohnte. Auch scheint Wenigen bewusst zu sein, dass das, was sie in das All hinausposten, nun auf immer und ewig in den verschlungenen Pfaden und unendlichen Tiefen des World Wide Web vorhanden sein wird, auch wenn sie das eines Tages lieber rückgängig machen wollen.

Dann vielleicht, wenn der Arbeitgeber eine Abmahnung schickt, weil sich der Arbeitnehmer im Internet höchst abwertend über das Unternehmen, das ihm Brot gibt, geäußert hat oder der Personalchef bei der letzten Bewerbungsrunde, in die man es aufgrund guter Qualifikation geschafft hat, dann doch lieber abwinkt.

Der Grund? Nicht selten steckt dahinter eine Internetrecherche über den jeweiligen Kandidaten, die unangemessene Bemerkungen aufdeckte, skurrile Interessen, Anstößigkeiten, zweifelhafte Geisteshaltungen, politisch riskante Äußerungen, Missachtungen der Rechte anderer – kurz: Negativmerkmale, die nun wiederum denjenigen abwerten, der sie verbreitet hat. Wir vermuten heute, dass 70 Prozent der Personalentscheidungen im Vorfeld im Internet abgeklärt werden.

Im Internet können Friends schnell zu Feinden werden. – Dass sich auch auf privater Ebene in den sozialen Netzwerken viele Möglichkeiten finden, einem mißliebigen Menschen etwas auszuwischen, ist schließlich hinlänglich bekannt. Kompromittierende Fotos haben labile oder sensible Jugendliche schon in den Selbstmord getrieben, Verunglimpfung, Diffamierung, Ehrabschneidung, üble Nachrede, Verleumdung haben Ehen und Partnerschaften getrennt oder junge Menschen zu Scham- und Isolationsverhalten genötigt – mit nicht absehbaren Folgen für die weitere Lebensentwicklung. Vertrauens- und Glaubwürdigkeit, das eigene Selbstwertgefühl und die eigene Selbsteinschätzung sind schnell zerstört, wenn man in diesem Fall keine Hilfe erhält.

Die Gründe, warum sich manche Menschen im Internet anderen gegenüber schädigend verhalten, sind vielfältig – verschmähte Lover, betrogene Ehefrauen, Hass, Lust am bösen Spiel, vieles was sich im Unbewussten abspielt – die Folgen sind immer gleich unangenehm. Und zu löschen sind diese Einträge nur höchst mühsam, abgesehen davon, dass man den enormen Umfang als Einzelner gar nicht allein überblicken kann. Normale Suchmaschinen berücksichtigen nicht oder nur peripher das sogenannte Hidden Web, also die Welt der geschlossenen Gesprächsforen und der charakteristischen Communities. Negativerwähnungen können sich im Web 2.0 verblüffend schnell verbreiten und eine böse Saat aufgehen lassen.

Reputationsmarketing ist eine relative neue Wissenschaft, mit der vor allem Wirtschaftsunternehmen oder Organisationen versuchen, ihren Ruf im Internet zu schützen. Ihre gute Reputation und ihr Positivimage sind ihr Kapital. Mehr als 80 Prozent von Kaufentscheidungen werden durch Bewertungsportale u.ä. vorbereitet. Falsch-, Negativ- oder veraltete Einträge können genauso rufschädigend wirken wie gezielt gestreute Kompromittierungen. Eine Marke aufbauen, ist die eine Sache, eine Marke erfolgreich führen, eine andere. Nicht nur Produkte sind Marken, auch Dienstleistungen, Ideen, Kampagnen und – Personen! Wenn man als Unternehmen eine eigene Social-Media-Kultur aufbauen will, muss man Negativäußerungen nicht nur akzeptieren, sondern ihnen glaubwürdig zu begegnen wissen, und dabei auch Regeln einhalten. Sich selbst mit anonymen Einträgen gefakte Positiv-Bewertungen zuzuschanzen, gehört zu den Don’ts. Das zerstört Glaubwürdigkeit nachhaltiger als jede kritische Bemerkung.

Es macht daher Sinn, dort ein wenig Zurückhaltung zu üben, wo man sich über die Konsequenzen nicht ganz im klaren ist – das ist im Internet wohl genauso wie im wirklichen Leben.